Donnerstag, 3. September 2015

Wie weit es kommen musste....

Wenn man heute seinen Facebook Stream durchscrollt stolpert man inzwischen regelmäßig über die Fotos von angeschwemmten Kindern an europäischen und türkischen Stränden.
Dazu kommen die unterschiedlichsten Reaktionen im Hinblick darauf, ob das Posten solcher Bilder richtig oder falsch, gerechtfertigt oder doch nur Publicity heischend ist. Ich persönlich halte es da mit den Redakteuren der Seite Mimikama (Mimikama auf Facebook), die hier die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen über das Interesse der Allgemeinheit oder die Verbesserung der Welt durch Aufrütteln stellt - obwohl einem dieses Bild als Vater eines Kindes das Herz zerreissen möchte.

Deswegen drängen sich hier einige Fragen auf die das Versagen unserer vier demokratischen Gewalten sehr deutlich machen. Dazu habe ich vorab ein in seiner Essenz gerade zu peinliches Eingeständnis in einem Interview eines EU Kommissionärs verlinkt:


Musste es soweit kommen, dass europäische Politiker erst dann ihre Einstellung zur Flüchtlingskatastrophe ändern, sobald in breiten Medienkanälen das menschliche Leid, das sich hier abspielt, jedem Bürger vor die Augen geworfen wird? Wissen unsere gewählten Vertreter erst seit gestern, was sich im Mittelmeer abspielt? Wissen unsere gewählten Vertreter womit sich ihre Mitarbeiter (bezahlte oder freiwillige) tagtäglich im Umgang mit diesem Thema herumschlagen müssen?
Und wenn ich von gewählten Vertretern spreche, dann meine ich nicht nur unsere europäischen Vertreter, sondern sämtliche Vertreter der westlichen Welt. Ist es nicht die Aufgabe unserer gewählten politischen Vertreter unsere Staaten und die Staatengemeinschaft durch sichere und friedliche Gewässer zu steuern um ein verwantwortungsvolles Zusammenleben zu gewährleisten? Ist das nicht der Auftrag den wir ihnen gegeben haben? Haben sie den erfüllt?
Ganz klar nicht. Seit mehr als einem Jahrzehnt nun werden wir (leider oft auch mit unkritischer Beteiligung der Medien als vierte Gewalt und ziemlich sicher nicht unabsichtlich) auf einem konstanten Bedrohungslevel gehalten, der einerseits dazu führt, dass weite Teile der Bevölkerung inzwischen mit Hass und Phobien auf fast alles reagieren und uns inzwischen offensichtlich nichts mehr aufrüttelt, wenn man nicht ein Bild mit Leichen präsentiert bekommt.
Das nach so langer Dauerbeschallung und Feindbildaufbau Menschen auf diese Entwicklungen mit Angst reagieren, kann man ihnen nicht vorwerfen. Im Gegenteil. Es wäre Aufgabe unserer Vertreter, diese Angst (nachdem man sie ja auch verursacht hat) Ernst zu nehmen und sich dieser Probleme anzunehmen. Und es wäre Aufgabe unserer Politiker, nachdem sie weite Gebiete der Welt durch geopolitische Misswirtschaft so destabilisiert und wirtschaftlich verarmt haben, dass die Einwohner lieber das Ertrinken in Kauf nehmen als weiter in ihrer Heimat zu bleiben, nun auch diese Länder wieder nachhaltig bewohnbar zu machen.
Haben unsere Politiker vergessen, dass wir uns die Demokratie, die wir jetzt geniessen, über Jahrhunderte lang erarbeitet haben und sie damit quasi evolutionär erschaffen haben? Wie können sie auf die Idee kommen, dass man das in anderen Ländern, mit anderer Kultur durch ein halbes Jahr Panzerfahren und Bomben werfen schaffen kann? Oder gab es andere wichtige Gründe mit den Panzern zu fahren und Bomben zu werfen?
Und wenn wir schon bei der Evolution der Demokratie sind: Haben wir nicht als Souverän die Aufgabe an der Evolution der Demokratie weiterzuarbeiten? Sind wir nicht verpflichtet, diese Politikergeneration, die nur an Machterhalt interessiert ist und inzwischen durch Hörigkeit und Abhängigkeit von Grosskonzernen eine fünfte Macht in der Demokratie geschaffen hat, wegzuevolutionieren?
Und wir werden selber lernen müssen, dass wir den Reichtum, der sich in "unserer Welt" angesammelt hat teilen und auch andere daran teilhaben lassen. Denn egal ob es sich um einen "echten" Asylwerber oder die von den Medien verpönten "Wirtschaftsflüchtlinge" handelt: Beide Gruppen werden zu uns kommen, wenn wir es nicht tun und Mauern werden sie nicht aufhalten (dazu sehr empfehlenswert der Film Let´s make Money, auf den Ausspruch des Baumwollbauern achten...).
Wir haben durch unsere gewählten Vertreter eine Völkerwanderung (sehr gute dazu auch: Peter Vonnahme) ausgelöst und brauchen nun neue um diese wieder in geordnete und vor allem nachhaltige Bahnen zu lenken.